Reden ist Silber, Zuhören ist Gold

Mit seiner grossen Portion Herzlichkeit beschert er uns jede Woche aussergewöhnliche Geschichten von ganz gewöhnlichen Menschen. Antworten vom wohl besten Zuhörer der Schweiz.

Sie rücken jeden Donnerstagabend in Ihrer Sendung «Aeschbacher» Menschen ins Rampenlicht, die sonst nicht im Rampenlicht stehen. Was fasziniert Sie an diesen Menschen?

Mich faszinierten immer schon die Lebensgeschichten «einfacher» Menschen. Der Blick in die Biografie von Leuten, die mit einem Schicksalsschlag umzugehen lernten, die mit einem Ziel vor Augen Unglaubliches erreichten, ist oftmals lehrreicher als manches Buch eines hochgelobten Philosophen. Anderen Menschen zuzuhören und ihre Geschichten zu reflektieren, erweitert den eigenen Blickwinkel auf das Leben. «Zuhören» ist in einer Zeit, wo jeder meint, er (oder sie) müsse seinen letzten Partyrausch der Öffentlichkeit im Facebook kundtun, eine seltene Fähigkeit geworden. Denn Zuhören heisst immer auch Anteil nehmen und nicht bloss den Knopf «gefällt mir» zu drücken.

Wie gern stehen Sie selbst im Rampenlicht?

Ich kann gut ohne das Rampenlicht leben. Denn im Grund bin ich ein scheuer Mensch, der lieber zuhört als selbst im Mittelpunkt zu stehen. So ist eigentlich mein Beruf am Bildschirm eine Art lebenslange Therapie, meine Angst vor der Öffentlichkeit zu überwinden.

Wo man Sie sieht, haben Sie immer ein Lachen auf den Lippen. Verraten Sie uns Ihre persönlichen Lichtblicke im Alltag?

Ist nicht die Tatsache, in einem Land leben zu können, das einem ein weitgehend sorgloses Leben ermöglicht, eine Arbeit zu haben, auf die man sich jeden Tag freuen kann, und gesund zu sein, Grund genug, mit einem Lächeln durch den Alltag zu gehen? Ich habe diese Privilegien und weiss sie sehr zu schätzen.

Gab es Momente im Leben, als Sie das Licht am Ende des Tunnels nicht mehr gesehen haben?

Klar, aber diese Momente gehören zum Leben und sind mit etwas vom Wertvollsten, was das Dasein beinhaltet. Der Tod meines Vaters kurz vor der Premiere einer neuen Sendereihe brachte mich an den Rand meiner Fähigkeiten. Das Älterwerden meiner Mutter, die mit 92 in kleinen Schritten ihre Selbständigkeit aufgeben muss, beschäftigt mich jeden Tag. Das Scheitern einer Beziehung stellt mich selbst in Frage. Die Tatsache, dass ich mit Projekten, an die ich glaubte, Schiffbruch erlitt, liess mich an der eigenen Urteilsfähigkeit zweifeln. Aber dies waren letztendlich alles Erfahrungen, die mich nach dem Durchschreiten des finsteren Tunnels mit neuen Einsichten beschenkten. Und so lebe ich heute mit der Gewissheit, dass immer irgendwann ein Licht am Ende des Tunnels flackert.

Gonzalo Garcia, © SRF

Welche Menschen inspirieren Sie beziehungsweise bringen für Sie Licht ins Dunkel?

Es sind die wenigen Freunde, welche sich die Zeit nehmen, in solchen Momenten zuzuhören. Und es waren auch immer wieder Menschen, die plötzlich im Leben auftauchten und mithalfen, eine Lösung zu finden.

Wie wichtig ist es Ihnen, immer in einem guten Licht dazustehen?

Ich würde lügen, wenn ich behaupte, das sei mir egal. Ich arbeite in einem visuellen Medium und setze deshalb alles daran, meine Gäste und mich ins beste Licht zu setzen. Das fängt ganz banal bei der Beleuchtung im Studio an. Mit unvorteilhaftem Licht kann man aus jedem Menschen ein Monster machen. Aber «in einem guten Licht» steht man im übertragenen Sinn nur dann, wenn man sein Gegenüber ernst nimmt, sich auf eine Begegnung genau vorbereitet und dabei immer authentisch bleibt.

Sie sind im Schweizer Fernsehen immer als farbenfroh und stilbewusst aufgefallen. Sind Sie noch der gleiche Paradiesvogel wie früher?

Auch Paradiesvögel werden älter, und ihr Gefieder verbleicht… ich möchte nicht mit meinen Kleidern Furore machen, sondern mit den Inhalten, die mir wichtig sind. Aber deshalb muss ich ja auch nicht gerade in Schutt und Asche vor der Kamera stehen.

Aeschbacher – diä Sändig, womä niä numä us Längwili luägt. Kennen Sie Langeweile?

Manchmal sehne ich mich nach Langeweile: einfach eine Weile lang sich dem Müssiggang hinzugeben, die Zeit verstreichen lassen, keine Pläne aushecken, nur die Weile geniessen, möglichst lange; das ist für mich das Schöne an der Langeweile. Allerdings spare ich mir die Langeweile für mich privat auf, in der Sendung hat sie keinen Platz.

In einem guten Licht steht man dann, wenn man sein Gegenüber ernst nimmt, sich auf eine Begegnung vorbereitet und authentisch bleibt.

Bevor Sie zum Fernsehen kamen, arbeiteten Sie in einem Architekturbüro und waren Vizedirektor der Ausstellung für Garten- und Landschaftsbau «Grün 80». Was bedeutet Licht für Sie?

Licht spielte in der Architektur lange Zeit keine grosse Rolle. Heute weiss man immer genauer, wie man mit künstlichem Licht Gebäude nicht nur beleuchten, sondern inszenieren kann. Wie man in einem Park oder Garten Bäume zur Geltung bringt und aus ihnen Skulpturen formt und damit neue Räume schafft. Und in der Innenarchitektur gehört das Licht zu einem der wichtigsten Gestaltungselemente, um einem Raum die gewünschte Atmosphäre zu verleihen. Mit anderen Worten, Licht ist für mich der wichtigste  Stimmungsmacher. Deshalb bin ich auch ein bekennender Hasser der leblos blau flimmernden Energiesparlampen.

Sie verbrachten die diesjährige Sommerpause in Kalifornien. Was hat Sie dort besonders inspiriert? Oder anders gefragt: Woher nehmen Sie die Ideen für Ihre Arbeit?

Nichts inspiriert mich mehr als Reisen. Die Konfrontation mit dem unbekannten Fremden, das Eintauchen in eine andere Kultur, das ist für mich das Salz des Lebens und eine unerschöpfliche Inspirationsquelle für den Alltag.

Wo oder was wären Sie, wenn Sie nicht beim Fernsehen arbeiten würden?

Ja, wenn ich das wüsste?

Worauf freuen Sie sich in Zukunft am meisten?

Auf alles, was unerwartet in mein Leben tritt (und mich vielleicht aus dem Tritt bringt…)

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